Antifa Aschaffenburg<p>Antisemitische Volksverhetzung im Main-Echo?</p><p>In der Wochenendausgabe vom 11./12.11.2023 druckte das <a href="https://kolektiva.social/tags/MainEcho" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>MainEcho</span></a> (Lokalzeitung aus <a href="https://kolektiva.social/tags/Aschaffenburg" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>Aschaffenburg</span></a>) einen Leserbrief ab, welcher unerträgliche und inakzeptable antisemitische Aussagen enthielt.<br>Der Leserbriefschreiber behauptet darin, dass gerade die Deutschen <a href="https://kolektiva.social/tags/Israel" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>Israel</span></a> kritisieren sollten, da sie durch den „Holocaust am Elend der `sogenannten` Palästinenser mitschuldig“ seien. Diese ungeheuerliche, aber in Deutschland leider alte Leier von den jüdischen Shoa-Opfern, die zu Täter*innen werden, will der Autor aber nicht als <a href="https://kolektiva.social/tags/Antisemitismus" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener noreferrer" target="_blank">#<span>Antisemitismus</span></a>, sondern als „Anti-Semitismus“ verstanden wissen. Den deutschen Nachkommen der Shoa-Vollstrecker*innen wird hierbei anscheinend die größte moralische Beurteilungsmacht zugesprochen.<br>Die weitere Aussage, Israel sei ein „Apartheidssystem“ ist nicht nur faktisch falsch und verharmlost tatsächliche Apartheidssysteme wie jenes in Südafrika, sie ist vielmehr auch nach Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA ) antisemitisch, weil sie Israel dämonisiert.<br>Ebenfalls antisemitisch ist die im Leserbrief geäußerte Behauptung, es habe bei der Entstehung des Staates Israel einen zionistischen Bevölkerungsaustausch gegeben. Der Begriff „Bevölkerungsaustausch“ ist bis heute ein Dauerbrenner im Vokabular von Judenhasser*innen weltweit, um Jüd*innen als bedrohliche, im Verborgenen agierende Subjekte mit geheimer, gemeingefährlicher Agenda darzustellen. Gewalt und Pogrome gegen Jüd*innen resultieren u.a. auch genau aus diesem Verschwörungsnarrativ. Wie z.B. bei dem Rechtsterroristen, der 2019 in Christchurch/Neuseeland über 50 Menschen ermordete: In seinem Manifest, das die Morde begründet, wurde der Glaube an einen angeblich (von Jüd*innen geplanten) Bevölkerungsaustausch genauso zentrales Mordmotiv, wie 2021 bei dem Attentäter von Halle, der in der dortigen Synagoge versuchte ein Massaker anzurichten und im weiteren Tatverlauf 2 Menschen erschoss.<br>Mit einem einfachen Faktencheck lässt sich das recherchieren – wieso aber nicht seitens der Main-Echo-Redaktion? <br>Die antisemitische Dämonisierung Israels mündet im weiteren Verlauf des Leserbriefes in der Behauptung, die Situation in den Palästinenser*innengebieten würde eine „‘Endlösung light‘ der Palästinenserfrage“ bedeuten. Sogenannte „Semitisten“ würden „erst Ruhe geben, wenn in ganz Palästina….. kein Palästinenser mehr im Weg ist und überall ungestört der Davidstern weht.“<br>Diese Aussage schreibt den Jüd*innen die Methoden zu, deren Opfer sie selbst unter der Herrschaft der Nationalsozialist*innen waren und bedeutet die Verharmlosung der mit der Shoa an den Jüd*innen begangenen unfassbaren und beispiellosen Verbrechen der Nationalsozialist*innen.<br>Bleibt fraglich, wer eigentlich diese Semitisten sein sollen, die im Leserbrief als solche hasserfüllten Monster dargestellt werden, die „erst Ruhe geben, wenn in ganz Palästina… kein Palästinenser mehr ist“?<br>Nach der einzigen Definition, die in gängigen Lexika zu finden ist, sind Semitist*innen Fachmänner /-frauen bzw. Wissenschaftler*innen auf dem Gebiet der Semitistik, der Wissenschaft von den semitischen Sprachen und Literaturen - eine Bedeutung, die im Kontext des Leserbriefes durch die negative Aufladung so keinen Sinn ergibt.<br>Naheliegend ist vielmehr, dass mit „Semitisten“ Menschen gemeint sind, die besonders israel-solidarisch oder pro-zionistisch eingestellt sind. Allerdings könnten in einer – sicherlich bewusst vage formulierten - Textpassage auch Jüd*innen selbst mit den „Semitisten“ gemeint sein. <br>Insgesamt ist keine andere Deutung möglich, als dass der Leserbrief ein hochgradiges Hass-Pamphlet gegen Israel und jüdische Menschen darstellt.<br>Es wäre juristisch zu prüfen, ob und in wie vielen Passagen der Leserbrief strafbare, weil ggf. volksverhetzende Inhalte enthält. Es ist aber auch die Frage zu stellen, was sich das Main-Echo dabei gedacht hat, diesen Leserbrief abzudrucken – und das zwei Tage nach dem Jahrestag der Reichspogromnacht am 9.11. und in einem Land, in welchem Gewalt und Hetze gegen jüdische Menschen aktuell besorgniserregend ansteigen.<br>Das Main-Echo bietet hiermit nun zum wiederholten Male menschenfeindlichen Statements auf ihren Leser*innenbriefseiten eine öffentliche Bühne. Der Verfasser des hier benannten Leserbriefs darf auch darüber hinaus in dichter Taktung seine rechtsextreme Weltanschauung im Main Echo publizieren. Dagegen berichten nicht wenige Antifaschist*innen davon, dass ihre Leser*innenbriefe – auch in jüngster Zeit – nicht oder nicht vollständig abgedruckt werden. Begründet wird dies seitens der Zeitung dann zumeist mit angeblich „falschen“ Fakten.<br>Bedeutet das Veröffentlichen des Hetz-Leserbriefes dann im Umkehrschluss, dass das Main-Echo antisemitische Verschwörungsnarrative als faktenbasiert empfindet? Oder lässt das Main-Echo – rechten Medienstrategien folgend und auf Kosten betroffener jüdischer Menschen – solche Leserbriefe bewusst durchgehen, um Aufsehen, empörte Aufschreie und damit letztendlich mehr Aufmerksamkeit für sich selbst zu generieren?<br>Beides wäre aus antifaschistischer Sicht inakzeptabel und verwerflich.</p><p>Uns wurde berichtet, dass der Leserbrief und sein Inhalt am 12.11.2023 an die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) als antisemitischer Vorfall gemeldet worden sind. Eine erste Antwort von RIAS Bayern vom 16.11.2023 hat das Ganze so bewertet: „Ein unglaublicher Lesebrief, ein unglaubliches Verhalten der Redaktion….“<br>Dieser Betrachtung können wir uns nur anschließen.</p>